Die Idee zu dieser Exkursion stammte von Andreas DL5CN. Er hatte vor einiger Zeit von diesem technischen Denkmal in Hermsdorf gehört und regte eines Abends in einer QSO-Runde auf DB0GER an, doch einmal zu versuchen, ob dieser interessante historische Komplex zu besichtigen sei.
Torsten DL4APJ nahm deshalb am Rande des „Kohlebogenlampen-Experiments“ im November 2004 über Herrn Dressel Kontakt zum Hermsdorfer Verein für Regional- und Technikgeschichte auf. Herr Dressel nannte als Ansprechpartner für eine mögliche Besichtigung/Führung Herrn Knaf und Herrn Schubert, mit denen Torsten sich in Verbindung setzte; und so konnte bereits zum OV-Abend im Dezember als Termin für unseren Besuch der 14.01.2005 bekanntgegeben werden.
Im Vorfeld wurden noch einige Details geklärt (Fotoerlaubnis, Anfahrt, Temperatur in den Räumen). Am späten Nachmittag des 14.01.2005 trafen sich insgesamt 24 YLs und OMs – hauptsächlich aus dem Ortsverband X20 (Gera), aber auch aus S46, S52 und X25 – zur Besichtignung am heutigen Ärztehaus in der Eisenberger Strasse in Hermsdorf.
Herr Knaf und Herr Reuter vom Technik-Verein erwarteten uns bereits (Herr Schubert konnte leider wegen einer Erkrankung nicht teilnehmen. Wir wünschen ihm gute Besserung!). Als fachkundige Unterstützung hatten sie sich OM Manfred Undeutsch DL2AZJ hinzugeholt, der einige Jahre seines QRL-Lebens am Messsender verbrachte und auf unsere eventuell sehr speziellen Fragen am kompetentesten antworten konnte.
Nach der kurzen Begrüßung durch Herrn Knaf folgten einige Ausführungen zur Geschichte des Werkes in Hermsdorf:
Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wandelte sich die Hermsdorfer „Porzellanfabrik“ zu einem „Keramischen Werk“, d.h. neben dem klassischen Porzellan traten das Steatit und eine Vielzahl keramischer Sonderwerkstoffe in den Vordergrund.
In dieser Zeit kam es zu einem Schlüsselerlebnis, welches für zwei Firmen prägend für die nächsten Jahrzehnte sein sollte: die Herren Dr. Lothar Rohde und Dr. Hermann Schwarz hatten sich während ihres Physik-Studiums in Jena bei Prof. Esau (einem der Mitbegründer des DEUTSCHEN SENDEDIENST (DSD) = früher Vorgänger des DARC – zur Kurzwellentagung Jena 1926) kennengelernt.
Sie trafen nach Abschluss ihres Doktorexamens an der Universität Jena mit Oberingenieur Hans Handrek von der HESCHO (Hermsdorf-Schomburg AG) zusammen. Er berichtete ihnen, dass er zusammen mit Dr. Rath in Hermsdorf neue keramische Werkstoffe entwickelt habe, die bei Hochfrequenz enorm niedrige dielektrische Verluste hätten, aber alle in- und ausländischen Institute, denen Handrek Werkstoffproben zusandte, hätten unterschiedliche Verlustfaktoren gemessen.
Die Herren Dr. Rohde und Dr. Schwarz lieferten bereits nach kurzer Zeit sehr genaue Messungen. Somit konnte ihnen die HESCHO weitere Arbeitsaufträge zusichern. Diese zur Zeit wirtschaftlicher Degression von der Industrie gebotene Chance ermutigte die beiden jungen Wissenschaftler, ein Labor zu gründen, welches am 17.11.1933 in München als Physikalisch-Technisches Entwicklungslabor Dr. Rohde & Dr. Schwarz (PTE) gewerbepolizeilich angemeldet und somit – quasi mit Hermsdorfer Unterstützung ! – der Grundstein für eine Firma gelegt wurde, die auch heute noch Weltruf genießt.
Auf der Webseite von Rohde & Schwarz gibt es leider aktuell keinen Hinweis mehr zur Zusammenarbeit mit der HESCHO…
Für die Hermsdorfer Keramikfertigung war diese Zusammenarbeit natürlich von entscheidender Bedeutung für die Zukunft, hing doch von der Meß- und Prüftechnik in hohem Maße die Qualität der gefertigten Erzeugnisse und Werkstoffe ab.
Der ausgestellte „Messsender für Hochspannungs- und Hochstromuntersuchungen“ wurde 1939 durch die HESCHO beim Physikalisch-Technischen Entwicklungslabor Dr. Rohde & Dr. Schwarz in München für knapp 36.000 Reichsmark bestellt.
Der Aufbau des Senders wurde ein Gemeinschaftsprojekt. Alle Keramikbauteile wurden durch die HESCHO zugeliefert (vorwiegend Calit-Spulenkörper, Wasserwiderstände, Kondensatoren, HF-Stützer und HF-Doppeldurchführungen), es führte z. T. zu spezifischen Bauteil-Neuentwicklungen in der HESCHO.
Die Anforderungen an den Messender waren folgende:
1. Erzeugung hoher Spannungen bei drei Frequenzen (300 kHz, 1 MHz, 10 MHz)
2. Anpassung von Prüflingen verschiedener Kapazität
3. Ausreichende Leistung, um die gewünschte Hochspannung auch bei auftretenden Verlusten aufrecht zu erhalten (Wirkleistung 20-40kW).
4. Einfache Bedienung unter gleichzeitiger Sicherheit gegen Überlastung bei Überschlägen.
5. Fernabstimmung, Betätigung und Anzeige auf einem gemeinsamen Pult.
6. Verriegelung und damit Verhinderung falscher Bedienung; Schutz gegen Störungen.
Die Erfüllung der Prüfanforderungen war auf das Engste mit der räumlichen Anordnung der Anlage verknüpft. Diese musste so gewählt werden, dass die Hochspannungsspulen und der Sender in getrennten Räumen untergebracht werden konnten. Die Höhe des Prüfraumes musste sich nach der Größe der Hochspannungsspulen und der Prüfobjekte richten.
Gleichzeitig war zu gewährleisten, dass das Bedienpersonal bei hinreichendem Abstand vom Prüfobjekt eine gute Übersicht behielt. Das wurde durch Weglassen einer Hälfte der Etagendecke erreicht – vgl. auch die Bilder weiter unten.
Auf der halben Etage ist am Geländer das Bedienpult für die Gesamtanlage installiert. Im Raum unterhalb der Bühne sind Hochspannungsgleichrichter und Sender so untergebracht, dass die Schalttafel als Vorderfront des Senders in die Trennwand zwischen Sender und Prüfraum eingelassen ist. Der gesamte Raum ist mit Aluminiumblech verkleidet. Die Fenster wurden mit abnehmbaren Metallgittern abgeschirmt. In diesem Originalzustand ist die Anlage im ehemaligen HF-Labor und heutigem Ärztehaus in der Eisenberger Str. 81 also noch vorhanden.
Der Verein für Regional- und Technikgeschichte e.V. hat den 40kW-Großmesssender der HESCHO – er war 1990 letztmalig für die Prüfung von Erzeugnissen der KWH (Keramische Werke Hermsdorf) in Betrieb – Anfang der 90er Jahre erworben. Es ist den engagierten Mitgliedern des Vereins zu verdanken, dass der Sender als Technisches Denkmal in die Liste schutzwürdiger Objekte aufgenommen und somit vor der Verschrottung bewahrt wurde.
Nach vorheriger Terminvereinbarung sind jederzeit Führungen und Besichtigungen des Senders möglich, Kontaktinformationen auf der Webseite des Vereins für Regional- und Technikgeschichte e.V. Hermsdorf , dort sind auch weiterführende Informationen zu finden, außerdem ein Dokument (PDF) mit einer sehr ausführlichen Darstellung zum Messsender.
(Informationen entnommen aus der Broschüre “ 40 kW-Großmesssender – Technisches Schauobjekt in Hermsdorf/Thüringen“ des Vereins für Regional- und Technikgeschichte e.V. Hermsdorf, mit freundlicher Genehmigung durch Herrn Knaf, Geschäftsführer des Vereins – Vielen Dank !)
Leider ist aus EMV-Gründen (im Haus befinden sich Arztpraxen…) keine Inbetriebnhame des Senders möglich. Aber beim Abbau des Freiluft-Hochspannungsversuchsfeldes konnte eine 100KV-Wechselsspannungsanlage sichergestellt werden, mittels derer an einem Isolator ein Hochspannungsüberschlag vorgeführt werden kann:
Wir danken dem Verein für Regional- und Technikgeschichte Hermsdorf, seinen Mitgliedern Herrn Knaf und Herrn Reuter und besonders unserem Funkfreund Manfred Undeutsch DL2AZJ vom OV X25 für diese sehr interessanten Vorführungen und die ausführlichen Informationen, die uns vermittelt wurden.
Unsere Veranstaltung klang aus mit einem gemeinsamen Abendessen in „Possens Gaststube“ in Hermsdorf.